Brandneues

Lemuren im Drogenrausch: Mohrenmakis

Keinen halben Meter groß, mit zwei Kilo das Gewicht einer kleinen Katze und pechschwarz gefärbt: Das sind Mohrenmakis (Eulemur macaco). Allerdings sind nur die Männchen schwarz. Die Weibchen der Mohrenmakis haben mit dem Namen wenig zu tun. Ihr Fell ist rotbraun, nur Gesicht und Hände sind schwarz, ersteres umrahmt von einem weißen Fellkranz.

Mohrenmakis leben ursprünglich im Flussdelta entlang des Sambirano im Nordwesten Madagaskars. Einige umliegende Inseln wie Nosy Be, Nosy Tanikely und Nosy Faly beherbergen ebenfalls kleine Populationen.

Neugieriges Mohrenmaki-Männchen

Angesiedelt wurden Mohrenmakis außerdem durch Menschen auf den Inseln Nosy Komba an der Nordwestküste sowie im Reservat Akanin’ny Nofy an der Ostküste. Ihr eigentlicher Lebensraum ist der Regenwald, doch sie kommen auch mit Obstplantagen und Sekundärvegetation zurecht. Auf der roten Liste der IUCN werden Mohrenmakis inzwischen als „gefährdet“ geführt, da ihr Lebensraum durch Brandrodung zusehends schwindet und stark zersplittert ist. Plündern Mohrenmakis Früchte in Plantagen, werden sie häufig getötet, seltener auch zum Verzehr gejagt. Die Art wird wegen ihrer Neugier und Zutraulichkeit leider zudem häufig als pet lemur genutzt. Jungtiere werden illegal gefangen und dann in kleinen Käfigen gehalten, teils als illegales Haustier, teils als ebenso verbotenes Fotomotiv für Touristen. Die Einzelhaltung der sozialen Lemuren, falsche Fütterung und Fehlprägung sorgen auf Madagaskar in Menschenhand meist für einen frühen Tod – dabei können Mohrenmakis in der Wildnis 15 bis 20 Jahre alt werden. Der älteste bekannte Mohrenmaki wurde sogar 38 Jahre alt, er lebte in einem Zoo in Illinois (USA).

In der Natur sind die kleinen Gesellen kathemeral, das heißt, sie sind weder strikt nacht- noch nur tagaktiv wie andere Säugetiere. Je nach Jahreszeit, Klima und Nahrungsangebot sind sie mal mehr am frühen Morgen, mal mehr am Abend aktiv. In sehr hellen Nächten, um Vollmond herum, sind sie nachts deutlich aktiver – das ist kein Wunder, sie sehen nachts nicht besonders gut und benötigen zumindest ein wenig Licht, um Futter zu finden.

Mohrenmaki-Weibchen auf Nosy Komba

Eine Gruppe Mohrenmakis setzt sich aus fünf bis fünfzehn Tieren zusammen. Die Lemuren müssen dabei nicht eng verwandt miteinander sein. Meist finden sich zwei oder drei Pärchen als Gruppe zusammen, die dann gemeinsam den Nachwuchs groß ziehen. Ein Weibchen ist dabei der Chef der Truppe. Mohrenmakis sind jedoch generell nicht besonders streitlustig. Ihre Reviere können so groß wie acht Fußballfelder werden, doch sie überlappen sich häufig mit denen anderer Gruppen. Auch anderen Arten gegenüber sind Mohrenmakis eher zurückhaltend. Ihr Verbreitungsgebiet grenzt zum Teil an die des Rotbauchmakis und des braunen Makis, im gleichen Revier kommen ansonsten vor allem Wiesel- und Mausmakis vor.

Das Ende der Regenzeit läutet die Paarungssaison der Mohrenmakis ein. Es gibt zwar feste Beziehungspartner, aber das heißt nicht, dass die Fortpflanzung nur mit diesen stattfindet. Die meisten Weibchen wechseln ihre Sexpartner mehrfach – auch Männchen fremder Gruppen können dabei sein. Rund vier Monate nach der Paarung bringt das Weibchen ein Jungtier zur Welt, ab und zu sind es Zwillinge. Es ist dann das Ende der Trockenzeit. Die ersten Wochen lebt das Jungtier gut versteckt im Bauchfell seiner Mutter, mit der einsetzenden Regenzeit und einem besseren Nahrungsangebot steigt es auf den Rücken um und unternimmt die ersten Ausflüge in den Bäumen. Schon im Alter von einem halben Jahr werden die Jungtiere bei Mohrenmakis entwöhnt, denn die Mutter bereitet sich auf das nächste Geschwister vor. Mit nur zwei Jahren sind die jungen Mohrenmakis selbst geschlechtsreif.

Jungtier, dass sich noch an seine Mama klammert

Der Speiseplan der kleinen Lemuren besteht vor allem aus Früchten wie Kaffee, Mango und Papaya, die in der Regenzeit von November bis April besonders gut wachsen. Daneben fressen sie Blüten, Nektar und Blätter. Berühmt wurden Mohrenmakis mit einem Film aus BBC Earth, die die kleinen Lemuren beim Verzehr von Tausendfüßlern zeigte. Sie drücken und knabbern so lange auf den bunten Insekten herum, bis diese ein giftiges Wehrsekret abgeben. Dann reiben die Lemuren sich die Tausendfüßler am ganzen Körper übers Fell. Wissenschaftler vermuten, dass Mohrenmakis das Wehrsekret als Schutz gegenüber Stechmücken und Zecken benutzen. Unbestritten ist allerdings auch, dass die kleinen Makis vom Ablecken der Tausendfüßler ein bisschen high werden. Ob Mohrenmakis den Drogenrausch allerdings bewusst herbeiführen oder es nur ein netter Nebeneffekt ist, bleibt unklar. Die meisten Tausendfüßler überleben die Prozedur übrigens – damit die Mohrenmakis sie bald für den nächsten Rausch wiederverwenden können.

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