Rotbauchmakis (Eulemur rubriventer) bekommt man auf Madagaskar nicht allzu häufig zu Gesicht, dabei spielen sie eine wichtige Rolle im fragilen Ökosystem Regenwald. Den namensgebenden roten Bauch tragen bei diesen Lemuren nur die Männchen. Die Weibchen sind an Brust und Bauch weiß oder cremefarben. Die Männchen tragen außerdem weißes Fell um die Augen, was den Weibchen fehlt. Im Schnitt werden Rotbauchmakis anderthalb bis drei Kilo schwer und können bis zu 25 Jahre alt werden.
Ihr Lebensraum ist der Regenwald entlang der Ostküste. Dabei findet man Rotbauchmakis jedoch nur in vereinzelten Wäldern entlang eines schmalen Waldstreifens, und nicht kontinuierlich überall. Ihr nördlichstes Verbreitungsgebiet sind das Tsaratanana-Gebirge und der Nationalpark Marojejy. Rund um das zentrale Hochland findet man sie in den Nationalparks von Zahamena, Ranomafana und Mantadia. Im Reservat Akanin’ny Nofy wurden sie vor Jahren erfolgreich angesiedelt. Richtung Süden leben Rotbauchmakis auf Madagaskar bis im Andringitra-Massif. Wissenschaftler vermuten, dass sie früher auch weiter im Süden der Insel vorkamen.
Rotbauchmakis leben in Familienverbänden von zwei bis zehn Tieren. Meist handelt es sich um ein Pärchen und deren Nachwuchs verschiedener Altersstufen. Sie sind streng monogam – ein Leben lang bleiben Pärchen zusammen. Die Familien besetzen verhältnismäßig kleine Reviere bis zu einer Größe von nur 0,2 km². Die Männchen markieren mit ihren Stirndrüsen aktiv die Reviergrenzen, und setzen so klare Zeichen für andere Rotbauchmakis: Bis hierher und nicht weiter!
Zu Beginn der Trockenzeit ist die Paarungssaison der Rotbauchmakis. Nach einer Tragzeit von vier Monaten gebären die Weibchen nur ein einzelnes Jungtier – es kommt kurz vor der Regenzeit zur Welt. Mit der Regenzeit beginnt die fruchtreichste Saison des Jahres auf der roten Insel, und damit die Zeit mit den besten Aufzuchtbedingungen für junge Makis. Trotzdem überlebt nur die Hälfte aller Jungtiere.
Die ersten Wochen kümmert sich ausschließlich die Mutter um das Jungtier, das sich in das Fell ihres Bauches klammert. Danach übernimmt vor allem der Vater die Fürsorge des Nachwuchses, bis das Jungtier mit etwa drei Monaten seine ersten eigenständigen Ausflüge in die Umgebung unternimmt. Diese väterliche Fürsorge ist eher ungewöhnlich unter Lemuren – nur zum Trinken kehrt das Jungtier zu seiner Mutter zurück. Mit fünf bis sieben Monaten wird das Jungtier entwöhnt. Bis es selbst geschlechtsreif wird, dauert es aber gut zwei Jahre.
Rotbauchmakis sind berühmt für ihre besondere Funktion im Regenwald. Sie dienen als regelrechte Gärtner der Regenwälder, indem sie zur Aussaat zahlreicher Pflanzensamen beitragen. Bevorzugt von Früchten ernähren sich auf Madagaskar viele Lemuren – aber nur Rotbauchmakis schlucken dabei die Samen am Stück herunter, so dass sie den Magen-Darm-Trakt unbeschadet passieren und samt einem kleinen Häufchen Dünger wieder ausgeschieden werden. Gut 70 verschiedene Pflanzen gehören zu ihrem Speiseplan. Außerhalb der Regenzeit fressen sie auch Samen, Nüsse und Blätter. Sogar mit den vielerorts an der Ostküste eingeschleppten Guaven haben sie sich angefreundet. Ein Tausendfüßler ab und zu wird auch nicht verschmäht, allerding werden diese Insekten vor dem Verzehr eingespeichelt. Man vermutet, dass damit die reizenden Abwehrsekrete der Tausendfüßler reduziert werden.
Außerdem bestäuben Rotbauchmakis besonders viele Blüten, da sie oft nur den Nektar lecken, anstatt die ganze Blüte zu zerstören, und am Tag viele verschiedene Blüten besuchen. Manchmal sieht man die Pollen noch im Gesicht der Makis. Rotbauchmakis haben dafür sogar eine speziell geformte Zungenspitze, die bei anderen Lemuren nicht vorkommt. Als kleine Gärtner beklettern Rotbauchmakis den gesamten Baum – sogar kopfüber – und sind auch auf dem Boden unterwegs.
Wenn Rotbauchmakis eine besonders gute Futterstelle erreichen, stellen sie sogar einen Wächter auf. Er darf erst später fressen, und warnt seine Familie vor Beutegreifern wie der Fossa oder großen Raubvögeln. Ertönt das tiefe Grunzen der Wache, suchen die anderen nach einem Unterschlupf oder verharren bewegungslos, bis die Gefahr vorüber ist.
Rotbauchmakis werden auf Madagaskar wegen ihres Fleisches gejagt. Neben Rotstirnmakis gehören sie zu den am häufigsten gegessenen Lemuren Madagaskars. Das liegt womöglich auch an ihrem wenig scheuen Verhalten: Vielerorts nähern sie sich Menschen neugierig bis auf wenige Meter. Das freut zwar Reisende und Fotografen, führt aber auch dazu, dass die Tiere leichter gewildert werden können. Auf der roten Liste der IUCN werden sie als „gefährdet“ eingestuft, da ihre Population innerhalb der letzten 25 Jahre um mehr als 30% zurückging. Neben der Jagd ist vor allem Brandrodung und die Abholzung von Waldresten der Grund für den Rückgang der Art. Durch das Vorkommen in etlichen Schutzgebieten ist aber davon auszugehen, dass Rotbauchmakis zumindest in den nächsten Jahrzehnten nicht völlig von der roten Insel verschwinden werden. Für die Gärtner des Waldes ist das eine gute Hoffnung.