Brandneues

Die Madagaskar-Hundskopfboa

Wegen vieler alter Sagen und Märchen haftet ihr ein zweifelhafter Ruf an, doch eigentlich ist sie ein faszinierender Waldbewohner: Die Madagaskar-Hundskopfboa. Zwei Arten der Hundskopfboas gibt es auf Madagaskar. Die Art Sanzinia madagascariensis lebt vor allem in den Regenwäldern der Ostküste Madagaskars. Die zweite Art, Sanzinia volontany, hat sich andere Lebensräume wie den heißen, trockenen Südwesten und Süden des Landes erobert. Selbst auf einige Inseln sowie die Maskarenen und La Réunion hat die Hundskopfboa es schon geschafft. Mit der Zerstörung von Lebensräumen auf Madagaskar kommt sie erstaunlich gut zurecht. Man kann sie sogar in Plantagen und nahe menschlicher Behausungen gut finden. Deshalb wurde sie auch seitens der IUCN zuletzt als „least concern“, also nicht gefährdet, eingestuft.

Ein Jungtier der Art
Ein Jungtier von Sanzinia madagascariensis in Andasibe

Mit durchschnittlich anderthalb Metern Länge erreichen Madagaskar-Hundskopfboas eine moderate Größe. Bisher wurde noch kein Tier dieser Art wissenschaftlich dokumentiert, dass länger war als 1,85 m, obwohl viele Reisende von Längen bis zu 2,50 m erzählen. Diese Größen gehören aber auf Madagaskar wohl eher ins Reich der Legenden. Vollständig beschrieben wurde die Madagaskar-Hundskopfboa im Jahre 1844 in Paris vom französischen Zoologen André Duméril und dessen Assistenten, Gabriel Bibron. Verschiedene Personen, darunter zwei englische Pastoren, brachten weitere Exemplare aus Madagaskar mit nach London. 1849 katalogisierte der englische Zoologe John Gray die Sammlung des dortigen British Museum, und stellte die ursprünglich Xiphosoma madagascariensis genannte Art in die Gattung Sanzinia. Diese ist noch heute gültig. 2007 bemerkten die beiden deutschen Biologen Frank Glaw und Miguel Vences bei genetischen Untersuchungen, dass es zwei Unterarten der Hundskopfboa gibt. Nach neuren Forschungen haben beide Artstatus. Sanzinia madagascariensis ist etwas kleiner und trägt stets ein grünes Farbkleid. Sanzinia volontany (madagassisch für braun) hat den trockenen Westen der Insel erobert, und ist meist braunrot mit gelben Flecken. Beiden gemein ist die breite Streifenmusterung mit schwarzem Inneren und weißem oder beigem Ring darum.

Die Hundskopfboa ist zwar eigentlich ein Baumbewohner, aber sie nutzt Bäume nur zum Ruhen am Tage. Nachts jagt sie vor allem auf dem Boden. Für Menschen ist die Schlange völlig harmlos. Sie ernährt sich von Ratten, Mausmakis und anderen kleinen Säugetieren, die sie nachts mittels ihrer Wärme empfindlichen Grubenorgane aufspürt. Ein gelegentlicher Frosch oder junge Vögel werden jedoch nicht verschmäht. Blitzschnell greift die Boa zu, packt die Beute mit ihren Zähnen und schlingt ihren Körper darum. Ist das Beutetier tot, klinkt sie – wie alle Schlangen – ihren Unterkiefer aus und verschlingt es.

Sanzinia madagascariensis
Sanzinia volontany in Kirindy

Zu Beginn der Regenzeit suchen die Boas einen Partner, um sich zu paaren. Treffen dabei Männchen aufeinander, versuchen sie, den Konkurrenten mit ausdauernden Kämpfen zu vertreiben. Sie verwickeln sich ineinander, drängen sich mit Körper und Köpfen gegenseitig zu Boden und ganz selten kommt es auch zu Bissen. Der erfolgreiche Kontrahent darf sich paaren – er hat dazu gleich zwei sogenannte Hemipenes zur Auswahl, eine evolutionäre Anpassung an die Verletzlichkeit dieses Organs. War eine Paarung erfolgreich und das Weibchen ist trächtig, zeigt sie dies mit einer anderen Körperfarbe: Sie wird immer dunkler, teilweise fast schwarz. Nach fünf bis acht Monaten gebärt das Weibchen vier bis zwölf lebende Jungtiere – in besonders guten Jahren sind es bis zu 19. Die kleinen Schlangen sind sofort auf sich selbst gestellt und bringen bereits bei ihrer Geburt alles mit, was man zum Überleben in der Wildnis benötigt. Zum Schutz vor Beutegreifern bewegen sich die jungen Hundskopfboas ausschließlich in Bäumen und vermeiden den Erdboden, so gut es geht. Außerdem tragen sie eine rote Färbung, die sich erst mit ein bis zwei Jahren im Laufe der Geschlechtsreife verliert. Trotzdem werden viele der kleinen Schlangen von Raubvögeln und anderen Prädatoren gefressen – das ist der Lauf der Natur. Wie alle Reptilien wächst die Boa lebenslang, wenn auch als erwachsenes Tier nur noch Millimeter weise. Deshalb muss sie sich in regelmäßigen Abständen ihrer alten Haut entledigen.

Bei der weiten Verbreitung der Madagaskar-Hundskopfbau auf ihrer Heimatinsel und ihrer guten Anpassungfähigkeit ist zu erwarten, dass die Art noch viele Jahre von Reisenden bestaunt werden können wird. Wer sie finden möchte, sollte entlang von Bächen, kleinen Flüssen oder einfach mal nahe der nächsten Abfallgrube schauen – wo es wegen Obst- und Fleischresten kleine Säuger hinzieht, sind meist auch Madagaskar-Hundskopfboas zu finden.

Lesen Sie auch

Die letzten Dugongs

Madagaskars Küsten sind die Heimat eins Geheimnisses, von dem nur wenige Reisende wissen. Nicht nur …

error: Aus Urheberrechtsgründen ist diese Funktion gesperrt.