Brandneues

Ein außergewöhnliches Raubtier: Die Fossa

Fossa in Kirindy

Ein bisschen komisch sieht sie ja aus: Die Fossa (Cryptoprocta ferox). Der langgestreckte Körper trägt einen fast ebenso langen, dicken Schwanz, und den katzenartigen Kopf ziert neben äußerst scharfen Zähnen eine große, runde Nase. Und obwohl die Fossa gerade einmal kniehoch wird, ist sie das größte Raubtier Madagaskars. Beide Geschlechter erreichen maximal 12 kg Körpergewicht, wobei die Männchen stets schwerer und größer sind als ihre weiblichen Gegenstücke. Fossas bewegen sich sicher und gewandt auf Bäumen fort und sind hervorragende Kletterer, bewohnen jedoch auch Erdhöhlen. Am Boden bewegen sie sich auf den Zehen fort, im Geäst kletternd dagegen auf den Sohlen. Und noch mehr Merkwürdigkeiten machen die Fossa zu einem weltweit unvergleichlichen Tier: Als sogenannte kathemerale Raubtiere gehört sie zu den wenigen Arten, die keinen ausgeprägten Tag-Nacht-Rhythmus besitzen. Fossas sind einfach dann wach, wenn es ihnen passt!

Fossa Paarung
Fossas bei der Paarung in Kirindy

Die Fossa lebt schon länger auf Madagaskar, als Menschen die rote Insel besiedeln. Heute wie damals bewohnt sie ausgedehnte Reviere von bis zu 25 km². Die Weibchen sind etwas bescheidener, ihre Territorien sind nur etwa halb so groß. Die Reviere werden vehement gegen Eindringlinge verteidigt, und die Grenzen regelmäßig mit einem Duftsekret aus den Analdrüsen am Po markiert. Auf dem Speiseplan des eleganten Jägers steht fast ausschließlich Fleisch in Form von überwiegend Lemuren, anderen kleinen Säugern wie den Tenreks oder Reptilien und Fröschen. Insekten werden zu einem geringen Anteil nicht verschmäht.

Die Paarungszeit der Fossa beginnt im September und reicht bis in den November zu Anfang der Regenzeit hinein. Es ist die einzige Zeit im Jahr, zu denen die Fossa ihresgleichen sucht – sonst sind es strikte Einzelgänger. Die Weibchen suchen sich dazu exponierte, dicke Äste, auf denen sie bis zu eine Woche lang thronen. Ihre Geschlechtspartner suchen das Weibchen auf, kämpfen um das Paarungs-Vorrecht und versuchen, sich mit der Auserwählten zu verpaaren. Doch die Weibchen haben ihren eigenen Kopf: Sie verjagen die Bewerber, die ihnen nicht gefallen, und paaren sich mit mehreren ausgewählten Männchen. Die Kopulation selbst kann bis zu drei Stunden dauern, was wohl eine der längsten Paarungen im Tierreich darstellt. Dabei kommt es auch zum sogenannten „Hängen“ (das Männchen kann seinen Penis nicht sofort aus der Vagina des Weibchens lösen), das man eigentlich nur von Hundeartigen kennt. Die meisten Paarungen finden auf Bäumen statt, und man kann die sich paarenden Fossa an einigen Orten Madagaskars, z.B. in Kirindy, sehr gut beobachten.

Im Dezember oder Januar werden die jungen Fossas geworfen und aufgezogen. Erst mit einem Jahr trennen sie sich von der Mutter. Nur alle zwei Jahre können die Weibchen zwei bis maximal vier Jungtiere zur Welt bringen, die widerum erst mit drei bis vier Jahren geschlechtsreif werden. Damit ist die Fortpflanzungsrate von Fossas sehr gering. Die Jungtiere öffnen erst mit zwei, drei Wochen ihre Augen – recht spät für ein Säugetier – , und verlassen die Geburtshöhle mit fast fünf Monaten zu den ersten Ausflügen.

Eine Fossa klettert kopfüber von einem Baum herunter – das können nicht viele Tiere!

Die kleinen Fossas haben noch eine weitere Eigenheit, die von keinem anderen Säugetier bekannt ist: Junge Weibchen bilden männliche Geschlechtsmerkmale aus, dies verliert sich später aber wieder. Sie haben außerdem einen Klitoris-Knochen, der dem Penis-Knochen beim Männchen gleicht. Jungtiere beiden Geschlechts tragen durch Drüsensekret verfärbte orangefarbene Bäuche, die sich erst mit der Geschlechtsreife bei den Weibchen verlieren und beige werden. Der Sinn dieser Vermännlichung ist bis heute nicht gänzlich geklärt. Einige Forscher vermuten, dass sie dem Schutz des noch jungen Weibchens vor Übergriffen ausgewachsener Fossas dient.

Ursprünglich war das kleine Raubtier auf ganz Madagaskar verbreitet, heute ist es auf die übrig gebliebenen Wälder beschränkt, die jedoch durch menschliche Siedlungen und Brandrodungen immer weiter begrenzt oder zersplittert werden. Immerhin passen Fossas sich dabei aber sowohl an Trocken- als auch an Regenwälder an, und bewohnen Savannen und Dornwälder genauso wie verschiedene Höhenlagen von Meereshöhe bis 2600 m über NN. Anpassungsfähigkeit ist eine enorm wichtige Fähigkeit der Fossa geworden – neben ihren vielen anderen, skurrilen Eigenschaften. In einigen Regionen werden die Tiere bejagt, da sie als Hühnerdiebe einen mäßigen Ruf unter den Einheimischen genießen. Inzwischen zählt die Fossa längst zu den bedrohten Arten, denn sie kommt nur auf Madagaskar vor und wird immer seltener.

Fossa
Nahaufnahme einer Fossa im Trockenwald von Kirindy – bemerkenswert sind die einzigartigen Fußballen und die nicht einziehbaren Krallen
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