Sie sind vielerorts gefürchtet. Tatsächlich müssten eher sie sich vor dem Mensch fürchten als andersherum: Hammerhaie sind wichtige Prädatoren im Indischen Ozean. Ohne sie würde das Ökosystem Meer rund um Madagaskar nicht funktionieren.
Ein besonderer Vertreter der Hammerhaie ist Sphyrna lewini, der Bogenstirn-Hammerhai. Der Name ist Programm: Der breite, hammerförmige Kopf verläuft tatsächlich bogenförmig. Er ist nicht umsonst so merkwürdig geformt. Wissenschaftler nennen den Hammerkopf Cephalofoil. Er verbessert die Sinneswahrnehmung des Tieres. Auf der kompletten Breite des Kopfes liegen die sogenannten Lorenzinischen Ampullen. Sie sorgen dafür, dass der Hai elektrische Impulse seiner Umgebung und Temperaturunterschiede im Meer wahrnehmen kann. Außerdem sorgen sie für die Orientierung des Tieres am Erdmagnetfeld. Mit den Lorenzinischen Ampullen finden Hammerhaie immer den richtigen Weg, egal wie weit weg sie sich von ihren Heimatgewässern befinden.
Bogenstirn-Hammerhaie findet man rund um Madagaskar im tieferen Gewässer. Sie gehören zu den größeren Hammerhaien mit Längen von 3,7 bis 4,3 Meter und Gewichten von rund 150 Kilogramm. Die Jungtiere finden sich zu Schwärmen zusammen, die ihnen besseren Schutz vor größeren Raubfischen bieten. Sie halten sich vorwiegend in flachen Gewässern, gerne im Schutz von Korallenriffen, auf. Deshalb findet man vor allem junge Haie gerne küstennah.
Hammerhaie bleiben ihrem Partner ein Leben lang treu
Mit der Geschlechtsreife suchen sich die Haie einen Partner fürs Leben. Und selbst Einzelgänger bleiben nicht lange allein. Bogenstirn-Hammerhaie bilden – ungewöhnlich für Haie – große Schulen, die zusammen wandern und jagen. Sie zeigen dabei ausgeprägtes Sozialverhalten, was ihrem Image als „gefährliche Bestie“ völlig zuwider läuft. In der Gruppe bewegen sie sich mehr im offenen Meer. Nur noch selten wagen sie sich in Flussmündungen und an die äußeren Ränder von Korallenriffen heran.
Ein charakteristisches Verhalten des Bogenstirn-Hammerhais ist das sogenannte Korkenzieher-Schwimmen. Dabei schraubt sich der Hammerhai wie ein Korkenzieher um seine eigene Achse. Wozu genau dieses Verhalten dient, ist nicht abschließend geklärt. Man geht davon aus, dass es gemeinsam mit anderen Gesten wie Kopfschütteln oder gegenseitigem Rammen der Kommunikation in der Gruppe im Sinne von Revierverhalten dient.
Bogenstirn-Hammerhaie sind ovovivipar, eilebendgebärend. Das bedeutet, dass die jungen Haie im Mutterleib von einem Dottersack ernährt werden, der jedoch später zu einer Plazenta umfunktioniert wird. Nach einer Tragzeit von neun bis zehn Monaten, ähnlich dem Menschen, bringt das Hammerhai-Weibchen bis zu 40 Jungtiere zur Welt. Sie sind dann gerade einmal einen halben Meter lang und wachsen sehr langsam. Erst mit anderthalb bis zwei Metern Länge erreichen sie die Geschlechtsreife.
Die Zähne des Hammerhais stehen in mehreren Reihen. Das mag abschreckend aussehen, hat aber für den Hai nur Vorteile. Bricht ein Zahn ab, wird er durch den nächsten einfach ersetzt. Man nennt dies ein „Revolvergebiss“, weil ständig Zähne „nachladen“. Auf diese Weise kann ein einzelner Hammerhai in seinem Leben mehrere Tausende Zähne haben.
Der Bogenstirm-Hammerhai ist heute stark gefährdet
Auf dem Speiseplan des Bogenstirn-Hammerhais stehen eine ganze Reihe an Fischen, darunter Barrakudas, Makrelen, Sardinen, Tintenfische und Krebstiere. Aber der Hammerhai ist beim Essen pragmatisch: Kreuzt ein kleinerer Hai oder ein Stechrochen die Jagdgründe, wird auch dieser nicht verschmäht. Menschen gehören nicht ins Nahrungsspektrum des Hammerhais. Von den weniger als zwei Dutzend bekannten Unfällen mit den Tieren endete kein einziger tödlich. Dabei kommt es durch die küstennahe Lebensweise des Bogenstirn-Hammerhais relativ häufig zu Begegnungen zwischen Mensch und Tier – und das, obwohl der Hammerhai eigentlich nachtaktiv ist.
Ausgewachsene Bogenstirn-Hammerhaie haben im Meer kaum Feinde – bis auf den Menschen. An allen Küsten Madagaskars wird der Bogenstirn-Hammerhai bejagt. Das Fleisch wird gegessen, die Zähne als Souvenir verkauft. Die Flossen werden getrocknet nach China für bizarre Potenzmittel und Haifischflossensuppe verkauft. Leider hat durch den großen Bedarf an Haifischflossen in Asien auch die fragwürdige Praktik des Finning auf Madagaskar Einzug gehalten. Dabei werden den Haien die Flossen abgeschnitten, der noch lebende Hai wird zurück ins Wasser geworfen. Unfähig zu schwimmen sinkt der Hai zu Boden und verendet elend. Wird er nicht selbst bejagt, verendet der Bogenstirn-Hammerhai häufig als unerwünschter Beifang in Fischernetzen. Denn Hammerhaie leben oft gemeinsam mit stark befischten und kommerziell begehrten Fischen wie Thunfischen.
Inzwischen gilt der Bogenstirn-Hammerhai als stark gefährdet. Die Bestände sind in den letzten 50 Jahren um gut die Hälfte gesunken. Seit 2014 dürfen Bogenstirn-Hammerhaie nur noch eingeschränkt international gehandelt werden. Auf Madagaskar werden illegaler Fang und Finning jedoch kaum verfolgt. Eine traurige Zukunft für den Hammerhai, wenn nicht bald eingegriffen wird.
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