Ein ausgesprochen hübsches Fröschlein ist der himmelblaue Riedfrosch (Heterixalus madagascariensis) oder Madagaskar-Riedfrosch: Es gibt gelbe oder himmelblaue Varianten, mit gelben oder orangefarbenen Armen, Beinen, Händen und Füßen. In der Sonne werden sie oft fast weiß.
Das himmelblaue Fröschlein wurde erstmals 1841 in der Literatur erwähnt: Der französische Zoologe André Duméril und dessen Assistent, Gabriel Bibron, beschrieben einen kleinen, nur maximal 40 Millimeter großen Frosch mit weiß-bläulicher Grundfarbe und schwarzen Streifen zwischen Nase und Augen. Als Verbreitungsgebiet gaben sie ganz einfach „Madagaskar“ an. Das ist zwar richtig, allerdings kommt der Madagaskar-Riedfrosch nur entlang der Ostküste in regenreichen, feuchten Gebieten zwischen Sambava und Antalaha im Nordosten und Tomasina (Tamatave) im Osten Madagaskars vor. Er besiedelt dabei auch die Insel Nosy Boraha (St. Marie) und die Masoala-Halbinsel. Der blaue Riedfrosch benötigt nicht unbedingt intakten Regenwald zum Überleben. Viel eher findet man die kleinen Frösche in dickblättrigen Büschen an Stränden und Seeufern, in kleinen Hüttendörfern und Bananenplantagen sowie in savannenartigem, offenem Gelände. Auch Sümpfe bewohnen sie gern, Hauptsache der Lebensraum liegt nicht allzu weit über Meeresniveau. Tagsüber findet man sie schlafend, eng an ein Blatt gedrückt, in Blattachseln oder gerne auch an Blattunterseiten klebend. Sobald die Sonne abends untergeht, schlägt die Stunde der Riedfrösche: Sie werden aktiv und jagen kleine Insekten, von der Ameise über Termiten bis zu winzigen Mücken.
Entlang der Ostküste fällt die Trockenzeit recht moderat aus – es regnet weiterhin immer mal wieder, nur deutlich weniger. Deshalb finden Paarungen grundsätzlich das ganze Jahr statt, mit saisonalen Schwankungen. Mit dem Beginn der Regenzeit, sintflutartigen Niederschlägen und steigenden Temperaturen ab Oktober wird die Hauptpaarungszeit der blauen Riedfrösche eingeläutet. Je mehr der Abend voran schreitet, desto lauter und intensiver rufen die Männchen nach potenziellen Partnerinnen. Sie sitzen dabei meist direkt an Gewässern, um bei Gefahr schnell ins feuchte Nass abtauchen zu können.
Madagaskar-Riedfrösche verfügen über zwei verschiedene Rufe: Einen langen, der ein bisschen wie eine schlecht geölte Tür klingt, und einen kurzen, der sich wie ein schriller Pfiff anhört. Die nicht-rufenden Weibchen sind äußerlich schwer zu erkennen: Sie sind genauso gefärbt wie ihre geschlechtlichen Gegenstücke, nur etwas größer und weniger grazil.
War eine Paarung erfolgreich, legt das Weibchen bis zu 200 kleine, kugelrunde schwarzer Eier, den Laich, in ein stehendes Gewässer in der Nähe ab. Meist kleben die Eier am Rande des Gewässers an Pflanzen, und schon nach wenigen Tagen schlüpfen die Kaulquappen. Sie sind klein und braun mit beigen Mustern und einem gesprenkelten Schwanz. Im Wasser ernähren sie sich von Mückenlarven, Wasserflöhen und anderen winzigen Insekten, verschmähen aber auch pflanzliche Kost nicht. Rund vier Monate dauert es, bis aus den Kaulquappen kleine, noch recht dunkel gefärbte junge Frösche werden.
Auf der roten Liste gefährdeter Arten werden blaue Riedfrösche als nicht gefährdet aufgeführt, obwohl Kenntnisse über die existierenden Populationsgrößen fehlen. Da man sie jedoch sehr häufig finden kann, geht man von einer weiten Verbreitung entlang der Ostküste und einer großen, stabilen Population aus. Madagaskar-Riedfrösche sind nicht geschützt und werden in überschaubaren Zahlen für Hobby-Halter außerhalb Madagaskars exportiert. Inzwischen ist die Art in der Terraristik erfolgreich vermerhrt worden, bleibt aber insgesamt eine eher selten gehaltene Art. Die Frösche können bis zu fünf Jahre alt werden, in der Natur ist ihre Lebenserwartung wahrscheinlich kürzer.
Bedrohungen wie Brandrodung und zunehmende Bevölkerungszahlen sind für den blauen Riedfrosch eher uninteressant, da ihr Lebensraum nicht auf Primärwälder beschränkt ist. Sie können sich bestens an die Gegebenheiten von Hüttendörfern und verwilderten Gärten anpassen, und werden deshalb vermutlich noch lange ein willkommenes Motiv für Tierfotografen in Madagaskar bleiben.