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Der Weg der Schokolade: Kakao-Anbau

Ursprünglich kommt die Kakao-Pflanze (Theobroma cacao, übersetzt „Speise der Götter“) nicht aus Madagaskar, sondern aus Südamerika, aber der achte Kontinent bietet beste Voraussetzungen zum Anbau. Heute gilt der Kakao aus Madagaskar als einer der hochwertigsten, den man weltweit erhalten kann. Entsprechend ist die Erntemenge denkbar klein: Mit durchschnittlich 3000 Tonnen jährlich stellt Madagaskar weniger als 0,5% der Weltproduktion (nach IOCC).

Kakao-Baum
Kakaobaum mit unreifen Früchten

Eingeführt wurde der Kakao-Baum auf Madagaskar von den französischen Kolonialherren im 19. Jahrhundert. Die ersten Plantagen entstanden in Ampasimanolotra (französisch Brickaville). Schnell erkannten die Madagassen jedoch, dass sich zum Anbau von Kakao der Nordwesten des Landes viel besser eignet. 1904 gründete Lucien Millot in Andzavibe die erste große Kakaoplantage mit aus Java importierten Pflanzen. Dort befindet sich auch heute noch das Hauptanbaugebiet, es liegt um die Stadt Ambanja an den Flüssen Sambirano und Ramena. Ein kleineres Anbaugebiet befindet sich unweit davon auf der Insel Nosy Be. Kakaobäume, die zu Malvengewächsen gehören, sind immergrün und werden auf madagssischen Plantagen zu etwa fünf Meter Höhe gestutzt. Ohne Rückschnitt können sie bis zu 15 m in den Himmel ragen. Kakaobäume wachsen fünf Jahre lang, bevor das erste Mal Kakaobohnen geerntet werden können, und erreichen ihren höchsten Ertrag mit zehn bis zwölf Jahren. Das ganze Jahr über tragen die Bäume unzählige, relativ unscheinbare Blüten – bis zu 100.000 pro Jahr. Mücken bestäuben die meisten davon, doch nur ein Bruchteil der austreibenden Schoten (botanisch korrekt sind es eigentlich Trockenbeeren) schafft es die fünf bis acht Monate bis zur Reife. Jeder Baum produziert pro Jahr 20 bis 30 Früchte, die unter der harten Schale süßlich schmeckendes weißes Fruchtfleisch mit je 25 bis 50 Kakaoobohnen, den Samen des Baums, enthalten.

Die Frucht wird geöffnet
Die Frucht wird geöffnet

Bei den Kakaobohnen unterscheidet man im Wesentlichen zwei Typen, den Konsumkakao („bulk cacao“) und den Edelkakao („flavour cacao“). Madagaskar baut fast ausschließlich Edelkakao an und hebt sich damit von anderen Produktionsländern deutlich ab. Zum Edelkakao zählt der Criollo, eine wenig angebauter, empfindlicher Baum mit geringem Ertrag, dessen Kakaobohnen von Feinschmeckern wegen ihres edlen Aromas sehr geschätzt werden. Auf Madagaskar existieren davon noch einige Plantagen, insgesamt macht der Anbau dieser Sorte weltweit aber gerade einmal 10% aus. Eine der teuersten und angeblich besten Schokoladen der Welt, Amedeis Porcelana, wird aus einer besonders hellen Variante des Criollo hergestellt. Forastero, der typische Konsumkakao, ist das genaue Gegenteil: Ein robuster und ertragsreicher Baum, der dafür geschmacklich weniger feine, gelbschalige Kakaobohnen produziert. Diese Bohne ist für den recht einheitlichen Kakaogeschmack verantwortlich, wie ihn die meisten Menschen kennen. Forastero kommt nur sehr vereinzelt auf Madagaskar vor, und wird vor allem in Westafrika angebaut. Madagaskars am häufigsten genutzte Kakaosorte ist der Trinitario, eine im 18. Jahrhundert auf Trinidad entstandene Kreuzung der Sorten Criollo und Forastero Calabacillo. Sie sollte die leichte Anbaumöglichkeit der einen mit dem edlen Geschmack und der hohen Qualität der anderen Sorte vereinen.

Kakao
Die Schale wird entfernt

Die Kakao-Ernte findet zweimal im Jahr statt, jeweils zu Beginn der Regen- und der Trockenzeit. Mit großen Buschmessern werden die Früchte vom Baum geschnitten, noch auf der Plantage geöffnet und von ihren Schalen befreit. Die Kakaobohnen samt Fruchtfleisch werden in Säcken gesammelt, die dann zur Fabrik gebracht werden.

Dort findet einer der wichtigsten Teile der Produktion statt, die Fermentation: Eine Essig- und Milchsäuregärung, die den Geschmack der bis dahin ungenießbaren Kakaobohnen verändert und sie braun färbt. Dazu landen Fruchtfleisch und Kakaobohnen für maximal eine Woche in großen Behältern, abgedeckt von Bananenblättern. Bereits am zweiten Tag erhitzt sich das Gemisch auf 40 bis 45°C, und gärt bei dieser Temperatur weiter. Der Ablauf der Fermentation ist ausschlaggebend für die spätere Qualität des Kakaos, angestrebt wird meist eine Fermentationsstufe von 90 bis 95%.

Der Fermentation folgt in einigen Fabriken das Waschen der Bohnen. Dann werden sie zwei bis drei Wochen lang auf riesigen Flächen unter freiem Himmel ausgebreitet und von der Sonne getrocknet, wodurch der Wasseranteil von über 60% auf unter 7% sinkt. Die getrockneten Kakaobohnen sind nun deutlich länger haltbar und haben ein intensiveres Aroma. Abschließend werden eine gewisse Zahl Bohnen pro Lieferant geöffnet und deren Qualität beurteilt. Feuchtigkeit über 7%, mehr als 7% violette Kakaobohnen, zerbrochene oder parasitierte Bohnen senken die Qualität, wobei man Superior, Superior washed und Standard unterscheidet.

Die fermentierten Bohnen werden getrocknet
Die fermentierten Bohnen werden getrocknet

Die Kakaobohnen werden in aller Regel als Rohstoff aus Madagaskar exportiert, nur vereinzelte Unternehmen produzieren direkt auf der roten Insel Schokolade und andere Leckereien (Chocolat Robert, Menakao, Madécasse). Dies liegt zum einen an fehlenden Kühlmöglichkeiten und Gerätschaften sowie mangelnder Infrastruktur zum Betrieb derselben, zum anderen aber auch an fehlendem Chocolatiér-Knowhow. Erst in der Schokoladenfabrik am Zielort wird der Kakao letztlich geröstet und gemahlen. Damit sich der bis dahin bittere, säuerliche Kakaogeschmack bis zu einem gewissen Grad verflüchtigt, werden die fein gemahlenen Kakaobohnen mit Kakaobutter gemeinsam über Stunden conchiert – nur dann ergibt sich eine leckere Schokolade.

Madagassischer Kakao wird als Rohprodukt von vielen bekannten Fabrikanten in Europa weiter verarbeitet, beispielsweise Valrhona (Frankreich), Arko oder Lindt (Deutschland). Aber auch kleinere, exklusive Manufakturen wie La Maison Pralus (Roanne, Frankreich) oder Bonvodou (Berlin, Deutschland) greifen auf Kakao aus Madagaskar zurück, teils sogar mit tree-to-bar-Herstellung.

Eine Linie von Menakao: Tsara-Schokolade

Typisch für die aus madagassischen Kakaobohnen hergestellte Schokolade ist eine fruchtige Note mit viel Säure, was durch entsprechend mehr Zucker bei der Herstellung der Schokolade ausgeglichen wird. Daher sind nur wenige Schokoladen aus madagassischem Kakao mit über 70% Kakaogehalt zu finden. Besonders hochwertige und geschmacksintensive Schokoladen mit besonders gutem Kakao als Ausgangsprodukt bestehen nur aus Kakaomasse und Zucker, bei helleren Sorten mit Zusatz von Kakaobutter und Milchpulver. Zugesetzte Aromen sollten – abgesehen von Vanille – nicht enthalten sein, wenn man den natürlichen Kakaogeschmack genießen möchte. Aber probieren Sie doch einfach selbstmal aus und genießen Sie den einzigartigen Geschmack Madagaskars direkt zu Hause!

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