Eine uralte Legende besagt, dass die ersten Menschen auf Madagaskar die Vazimba waren. Sie kamen von weit her mit Booten über das große Meer gefahren, um das neue Land, das sie Madagasikara nannten, zu besiedeln. Ihre Heimat fanden sie der Sage nach in den Tsingys, den nadelspitzen Felsgesteinen von Bemaraha, im Westen Madagaskars.
Um zu den Tsingys zu gelangen, muss man auch heute noch den Manambolo überqueren. Der große Fluss wird vornehmlich in kleinen Holzpirogen befahren. Entlang steiler Felskanten scheint kein Leben zu sein – und doch sind die Klippen der Tsingys stille Zeugen der Zeit. Denn unter einem schmalen Felsüberhang, nur wenige Kilometer vom Dorf Bekopaka entfernt, wurden seit jeher verstorbene Vazimba bestattet.
Noch heute ruhen hier die Gebeine Dutzender Menschen. Die Särge, in denen die Vazimba bestattet wurden, sind heute längst zerfallen. Die Schädel, Arm- und Beinknochen sind teils vom umher fliegenden Sand perlweiß gerieben. Doch frische Tücher, Leinen und Rumflaschen zeugen davon, dass auch heute noch Madagassen zu dieser Grabstätte ihrer Ahnen pilgern und um ihren Segen bitten.
Fremde dürfen die Grabstätten ausschließlich in Begleitung bestimmter Dorfbewohner aus Bekopaka mittels Piroge besuchen. Die ausgewählten Dorfbewohner, Nachkommen der berühmten Vazimba, verfügen dem Glauben nach über eine besondere Verbindung zu den Ahnen. Der Besuch folgt einem festgelegten, einfachen Zeremoniell. In einer kleinen Kabary werden die Vazaha den Ahnen vorgestellt werden. Außerdem bitten die Madagassen um die Erlaubnis der Ahnen, die Grabstätten besuchen zu dürfen. Nicht jeder darf hinein – entsprechend groß ist die Ehre, ein solches madagassisches Heiligtum betreten und damit echte Geschichte atmen zu dürfen.