Auf den ersten Blick etwas unheimlich, aber eigentlich immer freundlich gesinnt: Madagaskarboas sind die größten Schlangen Madagaskars. Besonders große Weibchen auf Nosy Mangabe erreichen bis zu 15 Kilogramm Körpergewicht! Trotzdem sind Madagaskarboas für Menschen völlig harmlos.
Zwei Arten gibt es: Die nördliche Madagaskarboa (Acrantophis madagascariensis) lebt im feuchten Norden der Insel, die südliche Madagaskarboa (Acrantophis dumerili) dagegen im heißen und trockenen Süden Madagaskars. Die beiden Arten unterscheiden sich im Aussehen vor allem farblich sehr gut, genauso deutlich auch in der Größe. Mit bis zu 2,70 m sind von der nördlichen Madagaskarboa wesentlich größere Tiere beschrieben als von der südlichen Art, von der man bisher lediglich Individuen mit bis zu 1,90 m Länge entdeckt hat. Beides sind jedoch Höchstwerte. Die meisten Madagaskarboas, die man im Wald findet, sind kleiner.
Mit wenigen Jahren sind Madagaskarboas geschlechtsreif. Sie paaren sich während der Regenzeit. Männchen und Weibchen treffen sich nur zur Paarung und kriechen danach wieder getrennter Wege. Die Trächtigkeit dauert bis zur nächsten Regenzeit an (sechs bis neun Monate). Dann ist das Futterangebot wieder optimal für Jungtiere. Das Weibchen bringt in der Wildnis sechs bis acht lebende kleine Boas zur Welt. Die jungen Schlangen sind schon bei ihrer Geburt einen guten halben Meter lang. Die Jungtiere der südlichen Madagaskarboa sind meist etwas kleiner. Schon an ihrem ersten Lebenstag häuten sich die kleinen Schlangen das erste Mal. Sie streifen dabei ihre gesamte alte Haut wie eine trockene Socke ab. Darunter wartet bereits die schöne, glänzende neue Haut. Junge Madagaskarboas sind sofort selbstständig. Sie klettern noch sehr gerne und gut, wodurch sie sich besser vor Beutegreifern wie Fossa, Raubvögeln und anderen Schlangen schützen können. Diese Fähigkeit verlieren sie mit zunehmendem Alter und Körpergewicht.
Madagaskarboas lauern erst auf Beutetiere, wenn die Sonne untergeht. Vor allem in der Nacht verstecken sie sich gut getarnt unter Laub und Sand. Nur der Kopf schaut heraus. Die Musterung ihrer Haut tarnt sie perfekt! Nähert sich ein argloses Beutetier, schießt die Boa hervor, ergreift das Beutetier und erwürgt es in Sekunden. Zum Beutespektrum gehören Madagaskarratten, kleine Lemuren, aber auch Echsen und andere Schlangen. Madagaskarboas sind keine Kostverächter. Gegessen wird, was ins Maul passt und nachts an ihnen vorbei läuft. Tagsüber ruhen die Schlangen dann gesättigt im Laub, in hohlen Baumstämmen oder Erdhöhlen.
Wegen ihres großen Verbreitungsgebietes gelten Madagaskarboas bisher auf der roten Liste der IUCN als nicht gefährdet. Sie genießen auf Madagaskar keinen besonderen Schutzstatus. Einige Restaurants größerer Städte wie Antananarivo und Mahajanga führen das Fleisch der Boas sogar als Delikatesse. Die beiden Arten werden außerdem vielerorts gejagt, um aus ihrem Leder Taschen, Schuhe oder fragwürdige Souvenirs herzustellen. Madagaskarboas sind übrigens nicht nur in ihrer Heimat erfolgreich in der Anpassung an neue Gegebenheiten und deshalb weit verbreitet. Inzwischen gibt es auch Vorkommen auf den Maskarenen und La Réunion.
Wer in ihrer ursprünglichen Heimat Madagaskar eine Madagaskarboa finden möchte, hat dazu viele Möglichkeiten. In den Nationalparks Ankarana, Nosy Hara und Masoala mit der dazugehörigen Insel Nosy Mangabe sowie in den Reservaten Reniala, Kirindy und im Anja Community Reserve hat man besonders gute Chancen auf einen Fund.