Ambositra in der Region Amoron’i Mania ist eine größere Stadt mit rund 30.000 Einwohnern. Sie liegt etwa 180 km südlich der Hauptstadt Antananarivo im Hochland, direkt an der RN7, und ist von dort aus sehr gut zu erreichen. Berühmt ist die Stadt vor allem durch ihre vielen Holzschnitzer-Werkstätten, von denen man viele besichtigen und den Künstlern bei ihrem täglichen Handwerk über die Schulter schauen kann.
In der Gegend um Ambositra und in der Stadt selbst lebt der Stamm der Betsileo. Eine der den Betsileo zugehörigen Stammesgruppe sind die Zafimaniry, die von jeher von Holzschnitzereien leben und dies auch heute noch vornehmlich ausüben. Ursprünglich sollen die Zafimaniry von den Menschen abstammen, die im 19. Jahrhundert vor der grausamen Königin Ranavalona I. in die Wälder flohen, um nicht als Sklaven oder Leibeigene für den Hof schuften zu müssen. Heute leben rund 25.000 Zafimaniry im Hochland Madagaskars rund um Ambositra, und knapp hundert traditionelle Dörfer existieren noch in den umliegenden Überresten der einstigen Wälder. Leider ist durch die weitreichende Brandrodung ein Großteil des ursprünglichen Lebensraums der Zafimaniry für immer verloren. Ihre wichtigste Stadt ist heute Antoetra, ein Dorf mit rund 1000 Einwohnern, das etwa 40 km südlich von Ambositra liegt.
Seit Jahrhunderten ist die kleine Volksgruppe dafür bekannt, ihre Häuser vollständig aus Holz, das ausschließlich per Hand mit einfachen Werkzeugen bearbeitet wird, zu bauen. Nägel oder Schrauben werden dabei nicht benutzt, alles wird gesteckt und geschickt ineinander gefügt. Türen, Fenster und Giebel der Häuser werden oft aufwändig mit traditionellen Motiven verziert. Die riesigen Reistöpfe, die man heute überall in Ambositra kaufen kann, sind ebenfalls Bestandteil der Zafimaniry-Kultur (allerdings sind die Schnitzereien darauf meist nur für Touristen ergänzt). 2003 wurde die Holzschnitzkunst der Zafimaniry in die „Meisterwerke des mündlichen und immateriellen Erbe der Menschheit“ der UNESCO aufgenommen, was den Staat Madagaskars zum Schutz und Erhalt der althergebrachten Traditionen verpflichtet. Das alles kann jedoch nicht darüber hinweg täuschen, dass die Grundlagen des kleinen Volkes, ihre Wälder, in den letzten 50 Jahren fast vollständig aus dem Hochland verschwunden sind. Heute wird das Holz für Schnitzereien mehrheitlich aus anderen Regionen angeliefert.
In Ambositra haben sich inzwischen unzählige Werkstätten niedergelassen, die nach Art der Zafimaniry schnitzen und arbeiten. Von kleinen und größeren Andenken – beliebt sind vor allem die vielen liebevoll aus vielen kleinen Einzelteilen zusammengetragenen Motive mit “Tim und Struppi” – gibt es fast alles zu erwerben: Figuren, Schalen, Töpfe, Masken, Statuen und Holzboxen sind nur ein kleiner Ausschnitt aus dem großen Angebot. Viele Werkstätten können gegen kleines Geld besichtigt werden und einige bieten auch Vorführungen an, wie aufwändige Einlege-Arbeiten, Bilderrahmen oder Masken hergestellt werden. Direkt in den Werkstätten können Reisende auch eigene Ideen in Auftrag geben – bringen Sie dafür Zeit mit, denn die Herstellung dauert in aller Regel einige Wochen.
- Zauberer der Wälder: Zafimaniry, die Holzkunst Madagaskars
Jerôme Ségur| Frankreich 2008 | Dokumentation | 60 min