Einer der schönsten Schmetterlinge der Welt, vor allem aber einer der größten, lebt in den Regenwäldern Madagaskars: Der Kometenfalter (Argema mittrei). Mit bis zu 20 cm Flügelspannweite übertrifft er fast alle Falter der Welt, lediglich der Atlasspinner (Attacus atlas) aus Asien, der ebenfalls zur Familie der Pfauenspinner (Saturniidae) gehört, wird noch größer. Eigentlich ist der leuchtend gelbe Falter mit dem langen Schwanz gar kein Schmetterling, sondern eine Motte. Entsprechend ist die Art nachtaktiv und tagsüber nicht unterwegs. Männchen und Weibchen kann man an den Flügeln unterscheiden: Bei den Weibchen sind die Flügel ausladender und runder, und der Schwanz fällt deutlich kürzer aus. Die Fühler geben ebenfalls einen Hinweis: Männchen tragen lange, gefiederte Fühler, Weibchen nur einfache.
Am Anfang steht jedoch erst einmal ein Ei. Aus diesem schlüpfen nach 10 bis 20 Tagen kleine Raupenkinder, die sich gierig auf ihr Futter stürzen und fressen, fressen, fressen… Bevorzugt findet man sie heute auf eingeschlepptem Eukalyptus, ihre eigentlichen Futterpflanzen sind unter anderem ein Cunoniagewächs (Weinmannia eriocampa), bestimmte Wolfsmilchgewächse (Uapaca ssp.), Kirschmyrten (Eugenia cuneifolia) und der Marula-Baum (Sclerocarya birrea ssp. caffra). Nur wenn es von Zeit zu Zeit zu eng im dünnen Chitin-Panzer wird, stellen die Raupen die Nahrungsaufnahme ein. Dann wird die alte Hülle abgestreift, und die darunter liegende neue Haut kommt zum Vorschein. Dieser Vorgang wiederholt sich vier Mal, und in rund zwei Monaten entwickeln sich die einstigen Winzlinge zu wahrhaft riesigen, knallgrünen Raupen.
Nun verpuppt sich die dicke Raupe in einem großen, beutelförmigen, weiß-gräulichen Kokon. Gut fünf, sechs Monate dauert es dann, bis die Verwandlung der Puppe in einen Falter vollendet ist. Das feine Äußere des Kokons ist so gewebt, dass aus kleinen Löchern überall Wasser austreten kann. Im Regenwald hat dieser Trick der Evolution den Sinn, dass die Puppe trotz des stetigen Niederschlags nicht in ihrem Kokon ertrinken kann. Schließlich schlüpft ein fertiger Kometenfalter aus dem Kokon und hängt sich zum Trocknen – meist direkt darunter – auf. Der lange Aufwand bis zum Falter-Sein wird jedoch nur mager belohnt: Gerade einmal fünf bis sechs Tage lebt ein Kometenfalter. Er frisst nichts, sondern zehrt von den als Raupe angelegten Vorräten. Selbst wenn er wollte, könnte der Falter keine Nahrung aufnehmen: Sein Rüssel ist im Laufe der Jahrhunderte verkümmert.
Da der Kometenfalter seine Temperatur nicht selbst aufrechterhalten kann und es nachts im Hochland empfindlich kühl wird, muss er sich vor dem Flug aufwärmen. Nachts scheint natürlich die Sonne nicht, und so hat dieses Tier dazu ein eigentümliches System entwickelt: Es vibriert mit Körper und Flügeln. Sein einziges Ziel in seinem so kurzen Leben ist es, sich zu paaren und Eier abzulegen. Und das muss gleich am ersten Tag nach dem Schlupf geschehen, denn später können die Eier der weibliche Kometenfalter nicht mehr befruchtet werden. Die Männchen suchen nach Weibchen, die sich im Laufe ihres kurzen Lebens kaum vom Fleck bewegen. Kommt es zu einer Paarung, kann diese bis zu einen ganzen Tag lang andauern.
Wie alle Insekten hat der Kometenfalter reichlich Fressfeinde, die sich sowohl für die Raupen als auch die großen Falter interessieren: Chamäleons, Geckos, Vögel und auch einige Lemuren sehen im Kometenfalter eine willkommene Abwechslung auf dem Speiseplan. So kommt es, dass von den bis zu 170 gelegten Eiern eines einzelnen Kometenfalter-Weibchens nur einige wenige den langen Weg bis zum Falter schaffen.
Man findet sie heute in den Resten der Regenwälder südlich und östlich der Hauptstadt Antananarivo, in den Ausläufern des zentralen Hochlandes. Leider wird außerhalb der bestehenden Nationalparks großflächig Brandrodung betrieben, wodurch auch die Futterpflanzen für den Kometenfalter verschwinden. Dazu haben die Tiere immernoch keinen Schutzstatus, obwohl über die wahren Populationsgrößen kaum etwas bekannt ist. Eier des Kometenfalters werden deshalb auch für den Verkauf und internationalen Handel abgesammelt. Eine funktionierende Nachzuchtfarm existiert zur Zeit nirgends auf Madagaskar. Der Kometenfalter ist folglich immer mehr auf bereits geschützte Rückzugsmöglichkeiten angewiesen, z.B. in den Nationalparks Andasibe-Mantadia und Ranomafana. Hier ist die Entnahme jeglicher Tiere oder Pflanzen verboten, und abends kann man die Falter mit ein wenig Glück um Lampen flatternd oder an Gebüschen sitzend finden.