Eine besonders gute Adresse für Schleckermäuler findet man in Antsirabe, im südlichen Hochland Madagaskars, rund 170 km von der Hauptstadt Tana entfernt. In einem kleinen Haus im Westen der Stadt liegt die Bonbonwerkstatt „Chez Marcel“. Ein Schaufenster gibt es nicht, nur ein Schild weist den Weg. Marcel, der Inhaber des kleinen Geschäfts, ist einer der wenigen Konditoren auf Madagaskar, die das Handwerk der Bonbonherstellung beherrschen.
Seit 20 Jahren übt er diesen Beruf aus, und hat sich in dieser Zeit einen beachtlichen Ruf im Land erarbeitet. Damals wie heute werden alle Süßigkeiten per Hand nach alten Rezepten hergestellt. Spezialisiert ist Marcel auf klassische Bonbons. Rote, grüne, gelbe und braune Bonbons in allen möglichen Geschmacksrichtungen stapeln sich in den Stahlregalen seines kleinen Lädchens.
Wer möchte, kann ihm hier bei der Arbeit über die Schulter schauen: In einem kleinen, halbhoch gefliesten Räumchen befindet sich die Bonbonküche. Die Grundmischung für die meisten Bonbons besteht aus 10 kg Zucker, 3 Litern Wasser und etwas Zitronensaft. Das Gemisch wird in einem großen Aluminiumtopf auf dem Feuer erhitzt, der Raum ist schwarz vom Ruß. Die richtige Temperatur sorgt später für die perfekte Konsistenz der Bonbons. Mit einem von der Decke baumelnden Thermometer wird die heiße Masse geprüft und zum richtigen Zeitpunkt auf eine uralte, eingeölte Granitplatte gegeben. Jetzt kommen Farbe und Geschmack ins Spiel: Während die Bonbonmasse nach und nach aushärtet, muss der Marcel die übrigen Zusätze untermischen und die süße Masse immer weiter mit dem Spatel bearbeiten. Das ganze Prozedere muss sehr schnell gehen und erfordert jahrelang geübte Hände – sonst entsteht nur ein formloser, steinharter Zuckerklumpen. Je nachdem, welche Form Bonbons nun daraus werden soll, wird die zu Strängen ausgezogene Masse mit Schnur oder Schere geschnitten oder noch warm durch eine uralte, gusseiserne Presse geschoben.
Die kleinen Tütchen werden übrigens wie schon vor Jahrzehnten immer noch einzeln per Hand über einer Kerze verschweißt. Massenproduktion am Fließband gibt es hier nicht. Bei „Chez Marcel“ kann man werktags von 07 bis 16 Uhr vorbeischauen. Gegen einen kleinen Obolus zeigt Marcel, wie er seine Bonbons herstellt. Und die wenigsten Besucher schaffen es nach draußen, ohne nicht mindestens zwei oder drei Tüten Naschwerk mitzunehmen.
LOT 11 16K385, Ouest de la voirie
Antsirabe