Brandneues

Marojejy Nationalpark

Marojejy:

Der Marojejy-Nationalpark ist einer der artenreichsten und schönsten Madagaskars, aber auch einer der am schwersten zu bereisenden. Ein „Paradies für Fortgeschrittene“! Die madagassischen Worte maro und jejy haben verschiedene Bedeutungen, darunter „viele Steine“ und „viel Regen“, aber auch „viele Tiere“ und „viele Geister der Ahnen“.

Lage:

Der Marojejy Nationalpark liegt im Nordosten Madagaskars an den Hängen des gleichnamigen heiligen Gebirges in der Provinz Sava. Etwa 60 km östlich liegt die „Vanille-Hauptstadt“ Sambava. Die am Park vorbeiführende RN3b reicht von dort nach Andapa im Westen. Der Marojejy Nationalpark ist durch seine Lage und die fehlende Infrastruktur nur schwer zu erreichen. Der einzige sichere Weg sind Flüge von der Hauptstadt Antananarivo nach Sambava und die weitere Anreise von dort mit dem Auto oder Bus auf der Straße bis zum Park Office. Der Landweg von Ambilobe nach Osten über Vohémar an der Nordostküste und dann nach Süden in Richtung Sambava ist seit 2022 ebenfalls wieder befahrbar.

Infos zum Nationalpark:

1948 besuchte Prof. Henri Humbert vom Naturhistorischen Museum Paris, Begründer des Nationalparks, dieses Fleckchen Erde und war von der Flora und Fauna so überwältigt, dass er Marojejy sein Buch „Wunder der Natur“ widmete. Knapp vier Jahre später wurde das Gebiet auf sein Drängen hin unter Schutz gestellt. Der Besuch war nur noch Wissenschaftlichern möglich. Seit 1998 gilt Marojejy offiziell als Nationalpark und ist damit wieder für jeden Reisenden geöffnet. 2007 wurde er zum UNESCO-Weltnaturerbe erklärt.

Uroplatus lineatus
Uroplatus lineatus

Der Nationalpark ist etwa 600 km² groß. Sein höchster Punkt liegt auf über 2100 m, womit  er einer der am höchsten gelegenen Parks Madagaskars ist. Vom tiefsten Regenwald bis zum hohen Bergwald gibt es hier alles, was das Land an Klimazonen zu bieten hat. Verschiedene Wanderrouten gehen direkt vom Campground ab, die längsten Exkursionen können dabei mehrere Tage in Anspruch nehmen. Viele Flüsse und Bäche, Wasserfälle sowie starke Höhenunterschiede machen die Touren durch den Park zu einem fantastischem Erlebnis, fordern dem Naturfreund jedoch auch einiges ab. Leicht zu begehen ist Marojejy sicherlich nicht!

Die um den Park lebenden Tsimihety und einige mafiöse Strukturen stellen inzwischen eine massive Bedrohung für den gesamten Nationalpark dar. Ähnlich wie in Masoala wird Brandrodung und vor allem illegaler Holzschlag (Rosenholz, Palisander) betrieben, der seit einigen Jahren immer weitere Kreise zieht und nur schwer einzudämmen ist.

Klima:

Wie in den meisten Gegenden des nordöstlichen Madagaskars wird das Wetter von Marojejy von tropisch feuchtwarmen Klima beherrscht. im Sommer reichen die Temperaturen fast täglich bis über 30°C, im Winter kann es in den Wipfeln des Nationalparks sogar Frost geben. Im Wald selbst ist es geringfügig kühler, es regnet fast täglich. Die extrem hohe Luftfeuchtigkeit lässt Parkbesucher schnell ermüden und jede Wanderung zur Herausforderung werden. Eine gute körperliche Kondition ist Voraussetzung für einen Besuch des Marojejy Nationalparks.

Infrastruktur:

Camp Marojejya

In der Umgebung des Nationalparks gibt es lediglich zwei kleine Hüttendörfer, die keine Unterkünfte anbieten. Das Park Office liegt direkt an der RN3b, hier zahlt man Eintrittsgelder und organisiert Köche und Guides. Von hier aus geht es knapp  6 km zu Fuß zum Parkeingang. Der Weg ist zwar noch nicht schwierig, führt jedoch durch eine Art Savanne zwischen Reisfeldern, in der es extrem heiß und das Laufen daher sehr, sehr anstrengend wird. Hat man schließlich den Parkeingang und damit den schattigen Wald erreicht, sind es noch gute mehrere Kilometer bis zu Camp Mantella (Camp 1) und noch mehrere Stunden extrem anstrengenden Fußmarsch danach bis zum weitaus höher gelegenen Camp 2 (Camp Marojejya).  Allein der letzte Kilometer des Aufstiegs hierhin überwindet 450 Höhenmeter. Das am höchsten gelegene Camp 3 (Camp Simpona) ist von den meisten Reisenden nicht in einem Tag zu erreichen, obwohl es „nur“ wenige Kilometer zum darunter liegenden Camp sind. Die Wege sind jedoch schmal, steil und unwegsam, bei Regen sehr rutschig und etliche Bäche müssen überwunden werden. Teils überquert man sogar mit Seilen abgesicherte, steile Felsplatten. In Kombination mit dem für Europäer extremen Klima wird dadurch jeder Kilometer zur sportlichen Höchstleistung und nur mit zähem Willen schafft man den Weg ganz nach oben.  Die atemberaubende Aussicht und der Campground mitten im Regenwald entschädigen jedoch für jede Anstrengung, Blutegel und unzählige Moskitostiche.

Marojejy Weg 2
Weg zu Camp Marojejya

Vorsicht: Die offiziellen Kilometer-Angaben auf den Schildern vor Ort sind gut 20 Jahre alt und nicht mehr aktuell. Da jedes Jahr neue Wege um umgestürzte Bäume  gefunden werden müssen, ist der Weg vom Park Office bis Camp Marojejya aktuell knapp 20 (!) statt der angegebenen 11,9 km lang (Stand 2022). Die drei Camps sind jeweils ausgestattet mit überdachten Kochstellen und Essensplätzen, fließend Wasser und einfachen Sanitäranlagen. Strom gibt es nicht. 2022 wurden Camp Mantella und Camp Marojejya von Lemur Conservation Foundation mit nagelneuen Hütten mit Blechdächern und Betonfundamenten ausgestattet. Alternativ können selbst mitgebrachte Zelte aufgestellt werden. Getränke, Verpflegung und Camping-Equipment muss man bereits aus Sambava mitnehmen. Am Park Office können aus den Dörfern Träger organisiert werden, die für einen kleinen Obolus jegliches Gepäck in atemberaubendem Tempo in das gewünschte Camp hinauf- und auch wieder heruntertransportieren.

Flora und Fauna:

Junger Seidensifaka in Marojejy

Die Flora Marojejys bietet vom über 50 m hohen Urwaldriesen bis zur zarten Orchideen für jeden Geschmack das Richtige: Allein 275 verschiedene Farne, um die 300 Epiphyten und 50 Palmenspezies machen den Wald zu einem unvergesslichen, zauberhaften Ort. Die Liste an nur hier vorkommenden Lebensformen ist extrem lang, und es sind noch bei Weitem nicht alle Pflanzen und Tiere überhaupt beschrieben.

Marojejy ist der letzte verbliebene Lebensraum der extrem seltenen und vom Aussterben bedrohten Seidensifakas (Propithecus candidus), die wegen ihres weißen, langen Fells die „Engel des Waldes“ genannt werden – und weiteren zehn Lemurenarten. Die Seidensifakas gehören zu den 25 am meisten bedrohten Tierarten weltweit. Um sie zu finden, ist ein ganzer Tag abenteuerliches Klettern quer durch den Wald  nötig, doch eine Begegnung mit diesen letzten Kreaturen ihrer Art ist unvergesslich.  Das etwas weniger seltene Fingertier (Aye-Aye) kann man ab und zu nachts zwischen dichtem Grün erspähen. Wer diesem raren, absurd anmutenden Waldtroll einmal direkt gegenüber steht, kann sich wirklich glücklich schätzen. Die Bambuslemuren (Hapalemur occidentalis) und  anderen Bewohner des Waldes sind deutlich einfacher zu sehen und kommen oft direkt bis an die Camps heran. Auch andere Lemuren kann man während der Wanderungen recht nahe beobachten.

Parastenophis betsileanus, eine harmlose aber sehr hübsche Schlangenart

Für Reptilienfreunde ist Marojejy ein wahres Paradies. Hier gibt es über 150 Amphibien– und Reptilienarten. Um Camp Mantella kann man Mantella nigricans und Mantella laevigata zahlreich finden. Rund um das Camp sind kleinere Chamäleons wie Calumma cf. radamanus, Calumma marojezense und Brookesia griveaudi heimisch. Wer es weiter nach oben bis Camp Simpona schafft, der kann die faszinierenden Erdchamäleons Brookesia betschi mit ihren langen Knochenfortsätzen über den Augen und das hübsche Calumma guillaumeti entdecken. Die kleinen Calumma uetzi, die erst 2018 erstmals beschrieben wurden, findet man mit etwas Glück nachts schlafend im dichten Geäst. Außerdem gibt es gleich mehrere Arten winziger Chamäleons, die allesamt zu den kleinsten Amnioten der Erde gehören: Brookesia karchei und Brookesia tedi, ebenfalls gerade erst 2019 beschrieben, sind in Marojejy zu finden.

Uroplatus fivehy in Marojejy
Uroplatus fivehy in Marojejy

An Schlangen bietet der Nationalpark gleich eine ganze Fülle, darunter die recht häufig zu findende Parastenophis betsileanus und die extrem seltene, aber wunderschöne Liophidium pattoni. Der seltene Taggecko Phelsuma masohoala lebt am Parkeingang von Marojejy, weiter oben sind Phelsuma guttata und Phelsuma quadriocellata regelmäßige Besucher an Bambusstämmen und Hüttendächern.

Außerdem ist Marojejy das Mekka der Blattschwanzgeckos. Nicht nur der Gigant unter den Blattschwanzgeckos, Uroplatus giganteus, hat hier seine Heimat. Weiter oben auf dem Berg leben die erst 2019 und 2020 beschriebenen Arten Uroplatus fangorn, Uroplatus finaritra und Uroplatus fivehy. Im wilden Ingwer direkt am Wasserfall nahe Camp Marojejya findet man dagegen schon die perfekt getarnten Uroplatus lineatus. Wer lange und auf einem bestimmten, sehr kleinen Gebiet das Laub auf dem Boden durchsucht, wird vielleicht sogar das  bisher nur sehr selten fotografierte, bunte und mit vielen Hautfortsätzen besetzte Brookesia vadoni zu Gesicht bekommen – eine echte Rarität.

Mantella nigricans in Camp Marojejya

Mitten im Regenwald Marojejys lebt zudem der Helmvanga (Euryceros prevostii), der eine Herausforderung für jeden Vogelfotografen sein dürfte. Er ist gleichzeitig Symbol und Maskottchen des Nationalparks.  Froschfreunde können sich über unzählige, bunte Mantella– und andere Froscharten freuen, die nachts überall lautstark quaken und selbst tagsüber sehr leicht zu finden sind. Insgesamt gut 120 Vogelspezies bevölkern Marojejy und bilden eine einmalige, wunderschöne Kulisse für Exkursionen.

Marojejy ist ein einzigartiges, fantastisches Paradies mit einer extremen Artenvielfalt, die man an keinem anderen Ort Madagaskars so finden wird.

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