Hektik, Stress und dringende Termine: Auf Madagaskar kannst du das alles hinter sich lassen. Zeit gilt hier außerhalb der Städte nichts. „Mora mora!“ ist oft das erste, was man als Reisender auf Madagaskar zu hören bekommt – oft schon am Visa-Schalter. Es bedeutet soviel wie „Langsam, langsam!“ oder „Immer mit der Ruhe!“ und spiegelt kurz und prägnant das Lebensgefühl der meisten Madagassen wieder. Alles braucht seine Zeit, man hetzt nicht, und schnell geht selten etwas. Man kommt zu Terminen grundsätzlich etwas später als angekündigt, und auf dem Land gibt es oftmals auch gar keine Uhren, deren Zeit man im Kopf haben könnte. Auch Busse, insbesondere Taxibrousse, richten sich eher lax nach den existierenden Fahrplänen. Verspätungen sind selbst bei Flügen eher die Regel als die Ausnahme. Zimmerbuchungen gehen manchmal verloren, weil niemand sie aufgeschrieben hat. Und hier und da geht es etwas chaotisch zu. Die meisten Madagassen nehmen dies mit einer tiefen Gelassenheit hin. Funktioniert etwas nicht wie geplant, wartet man einfach auf die nächste Gelegenheit. Als Reisender kann man diese Lebenseinstellung leicht mit Gleichgültigkeit verwechseln. Es scheint, als wären vielen Madagassen Probleme egal – das sind sie in der Regel nicht. Auf Madagaskar nimmt man sich nur sehr viel mehr Zeit, die Dinge anzugehen. Eile und Hast existieren hier nicht.
Auf dem Land hat diese Zeitlosigkeit und Geduld ihren Ursprung vor allem darin, dass ein Großteil der madagassischen Bevölkerung ohne Strom auskommen muss. Die Menschen stehen mit der Sonne auf und gehen bei Einbruch der Dunkelheit schlafen. Ausgeprägte Jahreszeiten sind durch die Nähe zum Äquator nicht vorhanden, es ist das ganze Jahr etwa 12 Stunden hell und 12 Stunden dunkel. Was bis zum Abend nicht gemacht wurde, wird auf morgen verschoben. Nur in Städten, Hotels oder Lodges sowie touristisch vermarkteten Regionen existiert ein Nachtleben, und der Lebensrhythmus hat sich in die Abendstunden hinein verschoben. Hier macht man Termine aus wie überall auf der Welt – und hält sie meistens auch ein. Aber auch im urbanen Raum beherrscht Mora mora als allgegenwärtiges Mantra das Leben: Für alles braucht man viel Zeit. Geduld und Nachsicht sind daher gute Begleiter auf Madagaskar, denn hier gehen im wahrsten Sinne des Wortes die Uhren anders.
Solltest du also Pünktlichkeitsfanatiker sein und zum Choleriker mutieren, wenn etwas nicht läuft wie geplant, ist Madagaskar das falsche Reiseziel. Wer sich jedoch auf das Land und seine Menschen einlässt und mal Fünfe gerade sein lässt, der wird die Zeitlosigkeit und die unglaubliche Geduld der Madagassen zu schätzen lernen. Denn es gibt auf Madagaskar für fast alles eine gute Lösung – nur eben nicht sofort.