Anjozorobe-Angavo:
Der Name Anjozorobe stammt wahrscheinlich vom Madagassischen „zozoro“, einer bestimmte Art Schilfrohr der Gegend. Sie wurden der Legende nach von den „Menalamba“, die unter der französischen Kolonialmacht für die Befreiung Madagaskars kämpften, als Verstecke genutzt.
Lage:
Das Schutzgebiet Anjozorobe-Angavo befindet sich 90 km nordöstlich der Hauptstadt Antananarivo im Hochland Madagaskars. Es liegt zum großen Teil in der Region Analamanga, einige Teile gehören schon zur Region Alaotra-Mangoro. Die RN3 führt von Tana direkt in die kleine Stadt Anjozorobe, allerdings ist die Straße teils gepflastert und teils etwas beschädigt. Von Anjozorobe aus führen die letzten zehn Kilometer des Weges offroad über eine Lateritpiste bis zum Schutzgebiet nahe dem winzigen Hüttendorf Andreba, wofür man zwingend ein geländegängiges Fahrzeug benötigt. Die Fahrt dauert insgesamt rund drei Stunden, wobei allein die Lateritpiste bis zu eine Stunde in Anspruch nehmen kann – bei Regen ist sie sehr rutschig. Taxibrousse oder Taxis verkehren bis nach Anjozorobe, sind aber wenig empfehlenswert. Wer nicht mit eigenem Auto anreist, kann über die Akiba Lodge Anjozorobe (ehemals Saha Forest Lodge) einen Transfer über die Offroad-Piste organisieren.
Infos zum Schutzgebiet:
Der Regenwaldkorridor von Anjozorobe-Angavo ist einer der letzten verbliebenen Wälder des zentralen Hochlandes, und zum größten Teil kein Primärwald mehr. 1995 gab es erste Schutzbemühungen. Aber erst 2005 wurde eine Fläche von 410 km² offiziell vom zuständigen Ministerium zum Schutzgebiet Anjozorobe-Angavo erklärt. Die nichtstaatliche Organisation Fanamby kümmert sich seitdem um Verwaltung und Ausbau. Zudem bemüht sie sich um die Einbindung der 13 an den Wald angrenzenden Dörfer in den Schutz des Regenwaldes. 2008 wurde die Association Antsahabe Miray (AMI) von Einheimischen im 5 km entfernten Dorf Antsahabe gegründet, um die Vermarktung nachhaltig hergestellter Produkte (vor allem Öle) der Region voranzutreiben. Rund 500 Menschen leben aktuell davon.
Nur ein kleiner Teil des Regenwaldes wird für Ökotourismus genutzt. Verschiedene Rundwege, die meisten davon mit recht steilen, rutschigen Treppen und teils schmalen Waldpfaden, bieten sich für Wanderungen an. Von einer Stunde bis zu tagfüllenden Programmen ist alles dabei, darunter kann man einen heiligen (fady) Wasserfall ganz in der Nähe der Lodge besuchen. Wer sich für traditionelles madagassisches Handwerk und Feldarbeit interessiert, kann einen eigens dafür eingerichteten Rundgang machen. Die Eintrittspreise liegen je nach gewählter Tour zwischen 10.000 und 20.000 Ariary (etwa 3 bis 7 €). Da es sich nicht um einen Nationalpark handelt, sind Nachtwanderungen problemlos möglich.
Klima:
Wie im Hochland üblich übersteigen die Temperaturen hier nur tagsüber die 25°C, nachts kann es empfindlich kalt werden. Dicke Pullover sollte man hier immer dabei haben. Das ganze Jahr über fällt moderat Regen, so dass Regenschutzkleidung ebenfalls zur Ausrüstung gehören sollte.
Infrastruktur:
Die Infrastruktur ist bescheiden. Fanamby betreibt das einzige Hotel vor Ort, die Akiba Lodge Anjozorobe (ehemals Saha Forest Camp). Die Lodge verfügt über ein hervorragendes Restaurant und zehn schöne, komfortable Bungalows mit fließend Warmwasser. Nachts gibt es Strom, der tagsüber mittels Solar Panels erzeugt wird. Rundherum gibt es keinerlei nennenswerte Infrastruktur, weder größere Geschäfte noch irgendwelche weiteren Unterkünfte. Camping ist schlecht möglich. Da sich Tagesausflüge von Antananarivo nicht lohnen, ist eine Reservierung in der Akiba Lodge aktuell die einzige Möglichkeit, das Schutzgebiet Anjozorobe-Angavo zu besuchen.
Fauna & Flora:
Anjozorobe-Angavo ist die Heimat ganz besonderer Lemuren: Dem schwarzen Indri, der dunklen Farbvariante des größten Lemurs Madagaskars. Aber auch dunkler gefärbte Diademsifakas, Bambuslemuren (Hapalemur griseus) und schwarz-weiße Varis springen in den hohen Bäumen des Regenwaldes umher und ruhen sich in der Mittagssonne aus. Insgesamt sind hier neun Lemurenarten zu Hause, davon sind vier nachtaktiv. Wissen sollte man allerdings, dass die Lemuren hier längst nicht so an Menschen gewöhnt sind wie im nahen Andasibe-Mantadia. Entsprechend sind Sichtungen hier etwas schwieriger.
Wofür Anjozorbe-Angavo dagegen ein echtes Paradies ist: Herpetologen. Gut 40 Arten an Reptilien und genausoviele Amphibien kann man in Anjozorobe-Angavo beobachten. Zu den Arten, die man dort eigentlich immer gut antrifft, gehören die Chamäleons Calumma crypticum und Calumma gastrotaenia sowie das Erdchamäleon Brookesia thieli. Im Frühjahr findet man ganze „Kindergärten“ von Chamäleons bereits am Weg direkt gegenüber der Lodge.
Für das seltenere Calumma globifer braucht man schon besonders gute Augen und ein wenig Glück, das gleiche gilt für den Großkopfgecko (Paroedura gracilis). Der gespenstische Blattschwanzgecko (Uroplatus phantasticus) und der perfekte getarnte Uroplatus sikorae sind wahrscheinlich die schönsten Motive für Naturfotografen in Anjozorobe. Pflanzenfreunde können sich vor allem zum Jahresende hin an der Blütenpracht der vielen Orchideen hier erfreuen. 90 verschiedene Orchideenarten sind im Schutzgebiet heimisch. Aber auch unendlich viele, riesige Farne, Lianen und der enorm dichte Regenwald machen einen Besuch hier zum unvergesslichen Erlebnis. Auch für Vogelfreunde gibt es mit rund 70 Arten einiges zu sehen.
Der Schutz Anjozorobe-Angavos steht jedoch auf schwachen Füßen. Abholzung und Brandrodung nehmen zu, und die wenigen Gäste des Schutzgebiets verbessern die finanzielle Lage der angrenzenden Dörfer nur wenig. Daher heißt es hier: Schnell besuchen! Ökotourismus ist die einzige Chance, diesen faszinierenden, tollen Wald zu erhalten.